T 1111/22 (Mittel enthaltend Amylasen zur Reinigung stärkehaltiger Verschmutzungen/HENKEL) 16-07-2024 (2025)

1. Gemäß Regel 115(2) EPÜ und Artikel 15(3) VOBK wurde das Verfahren ohne der ordnungsgemäß geladenen Beschwerdegegnerin, fortgesetzt (siehe Punkte VI. und VII. oben). Die Beschwerdegegnerin wurde so behandelt, als stütze sie sich lediglich auf ihr schriftliches Vorbringen.

Ansprüche wie erteilt (Hauptantrag)

Anspruchsauslegung - Anspruch 1

2. Die nachfolgende Auslegung von Anspruch 1 ist unstrittig.

3. Anspruch 1 enthält einige optionale Ausführungsmerkmale, wie z.B. "insbesondere ein Geschirrspülmittel, vorzugsweise ein maschinelles Geschirrspülmittel" und "insbesondere ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus M202L, M202V, M202S, M202T, M202I, M202Q, M202W, S255N und R172Q, ganz besonders bevorzugt aus M202L und M202T". Da diese Merkmale keine Auswirkung auf den Schutzumfang von Anspruch 1 besitzen, bleiben sie bei der folgenden Auslegung des Anspruchs unberücksichtigt.

4. Anspruch 1 wie erteilt bezieht sich auf ein "Reinigungsmittel für harte Oberflächen", welches "mindestens eine erste und eine zweite Amylase umfasst". Dies bedeutet, dass die Verwendung weiterer Enzyme vom beanspruchten Reinigungsmittel nicht ausgeschlossen sind, wie z.B. Proteasen.

4.1 alpha-Amylasen sind hydrolytische Enzyme die alpha(1-4)-Glykosidbindungen in Polysacchariden spalten, z.B. in Stärke, wodurch stärkehaltige Verschmutzungen auf dem Reinigungsgut abgebaut werden (siehe Patent, Absatz [0012]).

4.2 Die erste Amylase aus Anspruch 1 einschließlich ihrer funktionalen Fragmente/Varianten ist strukturell gekennzeichnet durch:

- ihre Aktivität ("alpha-Amylase"),

- ihre Herkunft ("Bacillus sp. No. 707"),

- ihre Aminosäuresequenz ("zu mindestens 80% identisch" über die Gesamtlänge der SEQ ID NO: 1), und

- das Vorhandensein mindestens einer Aminosäuresubstitution an einer definierten Position innerhalb ihrer Sequenz ("Positionen 172, 202, 208, 255 und 261 in der Zählung gemäß SEQ ID NO. 1").

Diese "erste" Amylase wird nachfolgend als "707 alpha-Amylase" bezeichnet.

4.3 Die zweite Amylase aus Anspruch 1 einschließlich ihrer funktionalen Fragmente/Varianten ist allein gekennzeichnet durch:

- ihre Aktivität (alpha-Amylase),

- ihre Bezeichnung (eine sogenannte "AA560" Amylase) und

- ihre Herkunft (aus "Bacillus sp.").

Diese zweite Amylase wird nachfolgend als "AA560 alpha-Amylase" bezeichnet.

4.3.1 Unter dem Begriff "Fragment" einer Aminosäuresequenz in Anspruch 1 versteht die Fachperson jede Sequenz, die im Vergleich zu ihrer Referenzsequenz kürzer ist, wobei diese Kürzung am N- und/oder C-Terminus erfolgen kann.

4.3.2 Unter dem Begriff "Variante" einer Aminosäuresequenz versteht die Fachperson jede Sequenz, die sich von ihrer Referenzsequenz strukturell unterscheidet.

4.3.3 Im vorliegenden Fall wird die Aminosäuresequenz von

SEQ ID NO: 1 als Referenzsequenz der "707 alpha-Amylase" erachtet. Für die "AA560 alpha-Amylase" ist in Anspruch 1 keine Referenzsequenz angegeben.

4.3.4 Da Anspruch 1 (siehe Punkt 4.2 oben) festlegt, dass alle "707 alpha-Amylasen" über mindestens eine Aminosäuresubstitution verfügen, sind alle "707 alpha-Amylasen" die unter den Schutzumfang von Anspruch 1 fallen Varianten der Referenzsequenz SEQ ID NO: 1. Anders ausgedrückt, eine "707 alpha-Amylase" die zu 100% identisch zu SEQ ID NO: 1 ist, ist von Anspruch 1 ausgeschlossen.

4.3.5 Dies gilt nicht für die "AA560 alpha-Amylase" von Anspruch 1. Da für dieses Enzym keine weiteren Angaben in Anspruch 1 vorliegen, fallen alle "AA560 alpha-Amylasen", einschließlich ihrer Varianten und Fragmente, unter den Schutzumfang des Anspruchs. Da allerdings für die "AA560 alpha-Amylase" keine Referenzsequenz in Anspruch 1 angegeben ist und die Bezeichnung "AA560" kein allgemein üblicher Fachbegriff ist, fällt jede alpha-Amylase aus Bacillus sp. unter den Schutzumfang von Anspruch 1.

4.3.6 Die Begriffe "funktionales Fragment/Variante" im Kontext von Anspruch 1 beschreiben, dass diese Fragmente/Varianten über eine alpha-Amylase Aktivität verfügen, wobei der Grad ihrer Aktivität nicht definiert ist. Dies bedeutet, dass alle Fragmente/Varianten der genannten alpha-Amylasen unter den beanspruchten Gegenstand fallen, sofern sie mindestens eine geringe Enzymaktivität aufweisen.

4.4 Das weitere in Anspruch 1 genannte Verwendungsmerkmal ("für harte Oberflächen") definiert das beanspruchte Reinigungsmittel nicht weiter, da es nur eine Eignung beschreibt.

5. Der in Anspruch 1 genannte Bacillus Stamm "707" und die Bezeichnung "AA560" sind im Patent nicht weiter charakterisiert. Allerdings offenbart Absatz [0013] des Patents, dass SEQ ID NO: 1 der Wildtyp "707 alpha-Amylase" Aminosäuresequenz entspricht, während SEQ ID NO: 2 der Wildtyp "AA560 alpha-Amylase" Aminosäuresequenz entspricht.

Erfinderische Tätigkeit - Anspruch 1

6. Es ist des weiteren unstrittig, dass

(a) sowohl die Offenbarung der Entgegenhaltung D1 oder D3 als nächster Stand der Technik zu erachten ist und, (b) sich das Reinigungsmittel von Anspruch 1 von den in den Entgegenhaltungen D1 oder D3 beschriebenen Reinigungsmitteln nur dadurch unterscheidet, dass diese Mittel nicht die beiden in Anspruch 1 definierten alpha-Amylasen enthalten.

7. Da die Kammer den Gegenstand von Anspruch 1 bereits durch die Offenbarung der Entgegenhaltung D1 alleine als nicht erfinderisch erachtet, wird im Nachfolgenden nur auf diese Entgegenhaltung Bezug genommen.

7.1 Die Entgegenhaltung D1 offenbart in den Ansprüchen 3 und 4 in Verbindung mit Anspruch 1 ein Reinigungsmittel welches als Zusatz eine Niedertemperatur (NT) alpha-Amylase enthält, die eine Variante der in SEQ ID NO: 2 oder der in SEQ ID NO: 4 gezeigten Aminosäuresequenz darstellt. Es ist dabei unstrittig, dass die Aminosäuresequenz der SEQ ID NO: 2 in D1 der Wildtyp Sequenz der "AA560 alpha-Amylase" entspricht und die Aminosäuresequenz der SEQ ID NO: 4 in D1 der Wildtyp Sequenz der "707 alpha-Amylase" entspricht.

7.2 Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass die Offenbarung der Entgegenhaltung D1 von der Verwendung einer Kombination der beiden in Anspruch 1 definierten alpha-Amylasen fortweise. Der Fokus von D1 liege auf einer anderen Verwendung des Reinigungsmittels (Entfernung von "Grit" Ablagerung) und der Verbesserung einer Protease, wobei die Verwendung zweier alpha-Amylasen im Reinigungsmittel im besten Fall nur eine theoretische Alternative darstelle.

7.2.1 Die Kammer kann sich dieser Ansicht nicht anschließen. Eine potentiell andere Verwendung des Reinigungsmittels in der Entgegenhaltung D1 ist irrelevant, da das beanspruchte Reinigungsmittel auf keine Verwendung limitiert ist (siehe Punkt 4.4 oben). Auch die angebliche Fokussierung auf die Verbesserung einer Protease in D1 ist unerheblich, da das Reinigungsmittel aus Anspruch 1 die Verwendung einer oder mehrerer Proteasen im Reinigungsmittel einschließt (siehe Punkt 4 oben und Anspruch 5 wie erteilt).

7.2.2 Die Entgegenhaltung D1 offenbart, dass der Zusatz einer alpha-Amylase im Reinigungsmittel in Kombination mit einer Protease bevorzugt ist (siehe z.B. Anspruch 1). Die explizite Nennung der Verwendung einer Variante der "AA560 alpha-Amylase" in Anspruch 3 von D1 und einer Variante der "707 alpha-Amylase" in Anspruch 4 von D1, oder die Erwähnung, dass die Verwendung dieser alpha-Amylasen bevorzugte Ausführungsformen sind ("preferred embodiment", siehe Absatz [0049] (a) und (c)), untermauert dies. Dies bedeutet, dass D1 direkt und eindeutig ein Reinigungsmittel offenbart, das zumindest eine der in Anspruch 1 genannten alpha-Amylasen enthält.

7.2.3 Als bevorzugte "AA560 Amylase" Varianten offenbart die Entgegenhaltung D1 die nachfolgenden Enzyme:

- unter anderem die kommerzielle "Stainzyme Plus(TM)" (siehe Absätze [0010] und [0051]), oder

- Varianten mit Mehrfach Substitutionen die optional eine oder mehrere oder bevorzugt alle Substitutionen und/oder Deletionen an den folgenden Positionen aufweist: "118, 183, 184, 195, 320 and 458, which if present preferably comprise R118K, D183*, G184*, N195F, R320K and/or R458K" (siehe Absatz [0008] b)).

Des weiteren sind die folgenden "707 Amylase" Varianten als bevorzugt offenbart:

- unter anderem "M202L" oder Varianten mit Mehrfach Substitutionen die bevorzugt eine oder mehrere der Aminosäuresubstitutionen "M202L, M202V, M202S, M202T, M202I, M202Q, M202W, S255N and/or R172Q" aufweist (siehe Absätze [0008] (c) und [0049] (c)).

7.2.4 Darüber hinaus offenbart die Entgegenhaltung D1, dass es vorteilhaft sei, dass die Reinigungsmittel eine Mischung aus zwei oder mehreren NT alpha-Amylasen enthalten (siehe Absatz [0052]). Das die Entgegenhaltung D1 darüber hinaus die Verwendung einer Kombination von zwei Proteasen im Reinigungsmittel nennt (siehe Absatz [0039]) ist irrelevant, da dies auch das beanspruchte Reinigungsmittel nicht ausschließt (siehe Punkt 6.2.1 oben). Allerdings lässt sich aus D1 die spezifische Kombination der beiden alpha-Amylasen aus Anspruch 1 nicht direkt und eindeutig ableiten.

7.3 Der Unterschied zwischen dem beanspruchten Reinigungsmittel und den in der Entgegenhaltung D1 offenbarten ist somit die Verwendung der beiden in Anspruch 1 spezifisch genannten alpha-Amylasen, im Gegensatz zu einer anderen Kombination aus alpha-Amylasen die nur eine der beiden in Anspruch 1 genannten alpha-Amylasen enthält.

7.4 Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass dieser Unterschied zu einer verbesserten amylolytischen (d.h. Stärke abbauenden) Reinigungsleistung des beanspruchten Reinigungsmittels führe, da die Reinigungsleistung der Kombination dieser beiden alpha-Amylasen besser sei als die Reinigungsleistung der einzelnen alpha-Amylasen. Es wurde dabei auf Beispiel 1 und 2 der Patentschrift und die experimentellen Daten der Vergleichsversuche aus D6 verwiesen.

7.5 Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern kann ein technischer Effekt nur dann für die Formulierung eines technischen Problems herangezogen werden, wenn es zumindest glaubhaft ist, dass sich dieser Effekt über den gesamten im Patentanspruch definierten Bereich erzielen lässt. Anderenfalls muss die technische Aufgabe unter Zugrundelegung eines weniger anspruchsvollen Ziels formuliert werden (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 10. Auflage 2022, I.D.4.3.1).

7.6 Die Kammer stimmt mit der Einspruchsabteilung überein, dass keine experimentellen Daten vorliegen - weder in der Patentschrift noch in den nachgereichten Vergleichsversuchen (D6) - die eine verbesserte Reinigungswirkung der Kombination beider alpha-Amylasen gegenüber einer einzelnen alpha-Amylase oder der Kombination aus einer der beiden Amylasen und einer beliebigen weiteren alpha-Amylase zumindest glaubhaft erscheinen lassen (siehe angefochtene Entscheidung, Punkte 7.4.3.2 und 7.4.4).

7.6.1 Die in den Beispielen 1 und 2 der Patentschrift gezeigten Vergleichsversuche sowie die experimentellen Daten aus D6 wurden jeweils mit spezifischen Punktmutanten (Varianten) der beiden alpha-Amylasen erzielt. Darüber hinaus wurden diese Experimente im Patent und in D6 unter definierten Bedingungen (Mengenverhältnissen, Reinigungsbedingungen) durchgeführt. Weder das Patent noch die Vergleichsversuche von D6 offenbaren darüber hinaus Vergleichsversuche zwischen der beanspruchten Kombination aus Amylasen und einer Kombination der in Anspruch 1 genannten Amylasen und einer weiteren beliebigen NT alpha-Amylase, wie sie sich aus der Entgegenhaltung D1 ergibt.

7.6.2 Wie oben unter der Auslegung von Anspruch 1 ausgeführt (siehe Punkt 4.3.6), weist das beanspruchte Reinigungsmittel keine spezifischen Einschränkungen auf, sondern umfasst alle Enzyme oder Varianten/Fragmente davon, solange diese zumindest eine geringe Enzymaktivität aufweisen. Es ist unbestritten, dass die Reinigungswirkung des beanspruchten Reinigungsmittels ausschließlich von der Aktivität der beiden Enzyme abhängt, d.h. Enzyme mit geringer Aktivität haben eine geringere Reinigungsleistung als Enzyme mit hoher Aktivität.

7.6.3 Allein aus diesem Grund kann das beanspruchte Reinigungsmittel eine behauptete verbesserte Reinigungsleistung nicht über die gesamte Breite des Anspruchs erzielen, da diese auf einer hohen Enzymaktivität beruht. Es ist nicht glaubhaft, dass im wesentlichen alle unter den Anspruch 1 fallenden Reinigungsmittel, welche zum Beispiel auch alpha-Amylasen mit geringer Enzymaktivität umfassen, besser sind als Mittel die nur eines der beiden Enzyme mit hoher Aktivität enthalten, unabhängig vom Vorhandensein einer weiteren NT alpha-Amylase, wie in der Entgegenhaltung D1 erwähnt. Ein potenziell synergistischer Effekt zwischen den beiden in Anspruch 1 genannten Enzymen ändert an diesem Sachverhalt nichts. Es ist nicht glaubhaft, dass zwei Enzyme mit geringer Aktivität selbst wenn sie sich in ihrer Wirkung synergistisch verstärken zwingend eine höhere Aktivität besitzen, als ein Enzym mit hoher Aktivität.

7.7 Die Kammer stimmt daher mit der Einspruchsabteilung überein, dass das zu lösende technische Problem lediglich die Bereitstellung eines alternativen Reinigungsmittels ist (siehe angefochtene Entscheidung, Punkt 7.4.4).

7.8 Die Kammer stimmt weiter mit der Einspruchsabteilung darin überein (siehe angefochtene Entscheidung, Punkt 7.4.5), dass die Verwendung der in Anspruch 1 genannten alpha-Amylasen für die Fachperson durch die Lehre der Entgegenhaltung D1 alleine nahegelegt ist.

7.9 Die Entgegenhaltung D1 erwähnt nicht nur, dass eine Kombination zweier alpha-Amylasen eine verbesserte Reinigungsleistung über einen breiteren Temperaturbereich erzielen kann (siehe Absatz [0052]), sie offenbart darüber hinaus, dass Varianten der "AA560 alpha-Amylase" und der "707 alpha-Amylase" bevorzugte alpha-Amylasen sind (siehe Ansprüche 3 und 4, sowie Absatz [0049] (a) und (c) und Punkt 6.2.3 oben). Da diese Varianten der beiden Amylasen durch die Nennung in den Ansprüchen oder in Absatz [0049] von D1 durch ihre bevorzugte Verwendung hervorgehoben sind, hätte die Fachperson sie auch bevorzugt in Kombination verwendet. Daher kann sich die Kammer der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht anschließen, dass die Fachperson eine Auswahl aus mehreren Listen hätte treffen müssen, um zum Reinigungsmittel von Anspruch 1 zu gelangen, bzw. zur beanspruchten Kombination aus Enzymen nur durch eine rückschauende Betrachtung in Kenntnis des Streitpatents gelangt wäre. Die Fachperson hätte ausgehend von der Entgegenhaltung D1 um ein alternatives Reinigungsmittel zur Verfügung zu stellen die in D1 als bevorzugt offenbarten Varianten der "AA560 alpha-Amylase" und der "707 alpha-Amylase" miteinander kombiniert und wäre somit in naheliegender Weise zum Reinigungsmittel von Anspruch 1 gelangt.

7.10 Der Gegenstand von Anspruch 1 wie erteilt beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 100(a) in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ).

Hilfsanträge 1 bis 9

8. Anspruch 1 von Hilfsantrag 1 basiert im wesentlichen auf einer Kombination der erteilten Ansprüche 1 und 2. Im Unterschied zu Anspruch 1 wie erteilt weist die erste Amylase ("707 alpha-Amylase") jedoch nicht zwingend mindestens eine Aminosäuresubstitution auf. Dies bedeutet, dass auch eine "707 alpha-Amylase" die zu 100% identisch zu SEQ ID NO: 1 ist unter den Schutzumfang von Anspruch 1 von Hilfsantrag 1 fällt (siehe Punkt 4.3.4 oben). Darüber hinaus konkretisiert das Merkmal "die zu der in SEQ ID N0:2 angegebenen Aminosäuresequenz über deren Gesamtlänge zu mindestens 80% identisch ist" die zweite Amylase ("AA560 alpha-Amylase") weiter.

9. Anspruch 1 von Hilfsantrag 2 basiert im wesentlichen auf Anspruch 1 von Hilfsantrag 1, wobei zusätzlich die Merkmale aus dem erteilten Anspruch 3 aufgenommen wurden. Diese weiteren Merkmale sind jedoch "optional" und schränken die zweite Amylase gegenüber Hilfsantrag 1 nicht weiter ein.

10. Anspruch 1 von Hilfsantrag 3 basiert im wesentlichen auf Anspruch 1 von Hilfsantrag 2, wobei der Begriff "optional" gestrichen wurden. Dadurch wird die erste Amylase im Vergleich zu Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 durch die Merkmale "mindestens eine Aminosäuresubstitution an einer der Positionen 172, 202, 208, 255 und 261 in der Zählung gemäß SEQ ID NO:1 aufweist" zusätzlich spezifiziert. Dasselbe gilt für die zweite Amylase im Vergleich zu Anspruch 1 aus Hilfsantrag 1 insofern diese nun "in der Zählung gemäß SEQ ID NO:2 Aminosäuresubstitutionen an drei oder mehr der Positionen 9, 26, 149, 182, 186, 202, 257, 295, 299, 323, 339 and 345 und eine (...) der Substitutionen und/oder Deletionen an den Positionen: 118, 183, 184, 195, 320 und 458" aufweisen muss.

11. Anspruch 1 von Hilfsantrag 4 basiert im wesentlichen auf Anspruch 1 von Hilfsantrag 3, wobei zusätzlich die Merkmale aus dem erteilten Anspruch 8 aufgenommen wurden. Dadurch wird das beanspruchte Reinigungsmittel weiter spezifiziert indem es "die erste Amylase und die zweite Amylase in einem Massenverhältnis von 50:1 bis 1:50 (...)" enthalten muss.

12. Anspruch 1 von Hilfsantrag 5 basiert im wesentlichen auf Anspruch 1 von Hilfsantrag 3, wobei ein Teil der Merkmale aus dem erteilten Anspruch 9 aufgenommen wurde sowie aus der Anmeldung wie eingereicht. Dadurch wird das beanspruchte Reinigungsmittel weiter spezifiziert indem es "bezogen auf das Gesamtgewicht des Reinigungsmittel, mindestens 0,01 bis 1 Gew.-%,(...) einer ersten Amylase und 0,05 bis 0,6 Gew.-%, (...) einer zweiten Amylase umfasst".

13. Anspruch 1 von Hilfsantrag 6 basiert im wesentlichen auf Anspruch 1 von Hilfsantrag 4, wobei ein Teil der Merkmale aus dem erteilten Ansprüchen 5 und 6 aufgenommen wurden, so dass Anspruch 1 nun auf eine spezifische Kombination aus zwei Amylasen und mindestens einer Protease gerichtet ist. Diese Protease ist zum Beispiel "c) eine Protease aus Bacillus alkalophilus PB92 oder ein funktionales Fragment oder eine Variante davon umfasst (...)".

14. Anspruch 1 von Hilfsantrag 7 basiert im wesentlichen auf Anspruch 1 von Hilfsantrag 6, wobei die Kombination aus zwei Amylasen und mindestens einer Protease weiter eingeschränkt wurde dadurch, dass es sich bei dieser Protease um "a) eine Protease aus Bacillus alkalophilus PB92 oder ein funktionales Fragment oder eine Variante davon umfasst (...)" handeln muss.

15. Anspruch 1 von Hilfsantrag 8 basiert im wesentlichen auf Anspruch 1 von Hilfsantrag 3, wobei die Merkmale "oder ein funktionales Fragment oder eine Variante davon" gestrichen wurden.

16. Anspruch 1 von Hilfsantrag 9 basiert im wesentlichen auf Anspruch 1 von Hilfsantrag 4, wobei die Merkmale "oder ein funktionales Fragment oder eine Variante davon" und "insbesondere" gestrichen wurden sowie das Merkmal "besonders bevorzugt" durch das Merkmal "ausgewählt aus" ersetzt wurde. Die "707 Amylase" muss dementsprechend mindestens eine der folgenden Substitutionen aufweisen: "M202L, M202V, M202S, M202T, M202I, M202Q, M202W, S255N und R172Q, (...)". Die "AA560 Amylase" muss darüber hinaus nach "Zählung gemäß SEQ ID NO:2 Aminosäuresubstitutionen an drei (...) der Positionen 9, 26, 149, 182, 186, 202, 257, 295, 299, 323, 339 and 345 und eine (...) der Substitutionen und/oder Deletionen an den Positionen: 118, 183, 184, 195, 320 und 458, ausgewählt aus R118K, D183*, G184*, N195F, R320K und/oder R458K" aufweisen.

Erfinderische Tätigkeit - Anspruch 1

17. Keine der in Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 9 eingeführten Änderungen schränkt den Schutzumfang der beanspruchten Reinigungsmittel in dem Maße ein, dass nur eine Kombination aus alpha-Amylasen mit hoher Aktivität unter den beanspruchten Schutzumfang fallen. Selbst Anspruch 1 von Hilfsantrag 9, dessen alpha-Amylasen am spezifischsten durch die Nennung von Aminosäuresubstitutionen an einzelnen Positionen charakterisiert sind, enthält eine "AA560 Amylase" die mindestens drei undefinierte Mutationen an den Positionen 9, 26, 149, 182, 186, 202, 257, 295, 299, 323, 339 und 345 innerhalb der SEQ ID NO:2 enthält. Jede dieser Mutationen kann zur Folge haben, dass sich die Aktivität des Enzyms im Vergleich zur Wild-Typ Sequenz deutlich unterscheidet, d.h. reduziert oder erhöht.

17.1 Darüber hinaus verwenden die Beispiele 1 und 2 der Patentschrift als "707 Amylase" die dreifach Variante "V1: (...) M202L, S255N und R172Q", während als "AA560 Amylase" das kommerzielle Enzym "Stainzyme Plus(TM)" verwendet wird (siehe Tabellen 2 und 3 auf den Seiten 16 und 17). Die Vergleichsdaten aus D6 wurden mit der "M202L" Variante der "707 Amylase" und einer "AA560 Amylase" Variante erzielt, die die folgenden Substitutionen aufwies: "M9L, R118K, G149A, G186A, N195F, M202L, T257I, Y295F, N299Y, R320K, M323T, A339S, E345R and R458K and two deletions D183* and G184*" (siehe D6, Absätze 4 und 5). Aus den vorhandenen experimentellen Daten geht hervor, dass eine Mischung der beiden Amylasen die Enzyme jeweils nur in einem bestimmten Mengenverhältnis zueinander enthielt: "25 mg/job" der "707 Amylase" zu "2,5 mg/job" der "AA560 Amylase" (siehe Patent, Beispiel 1, Absatz [0135] und Beispiel 2, Seite 17, Tabelle oben), oder im Verhältnis "[1.5 mg]" zu "[1.5 mg]" der "707 Amylase" und "AA560 Amylase" (siehe Experimentelle Daten D6, Seite 1 Tabelle). Aus den vorhandenen Vergleichsversuchen geht somit hervor, dass die "707 Amylase" und "AA560 Amylase" entweder in einem Mengenverhältnis von 10:1 oder von 1:1 im Reinigungsmittel verwendet wurden.

17.2 Keines der Reinigungsmittel aus Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 9 ist auf diese Enzymkombinationen aus den Beispielen der Patentschrift bzw. D6 beschränkt. Da jede Mutation einen Effekt auf die Enzymaktivität der Amylase haben kann (einschließlich eines negativen Effekts), können die in diesen Experimenten gezeigten Effekte nicht auf alle unter den Schutzbereich von Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 9 fallenden Amylase Kombinationen generalisiert werden.

17.3 Die beanspruchten Reinigungsmittel aus Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 9 sind somit nicht auf Amylase Kombinationen beschränkt, die notwendigerweise eine hohe Enzymaktivität aufweisen. Dies ändert sich auch nicht durch die weitere Beschränkung des beanspruchten Reinigungsmittels auf (a) ein bestimmtes Masseverhältnis der beiden Amylasen zueinander (siehe Anspruch 1 der Hilfsanträge 4 und 9), oder (b) auf ein bestimmtes Gewichtsprozent Verhältnis der beiden Amylasen zueinander bezogen auf das Gesamtgewicht des Reinigungsmittels (siehe Anspruch 1 von Hilfsantrag 5).

17.4 Selbst wenn diese Effekte generalisiert werden könnten, ist festzustellen, dass die Entgegenhaltung D1 "AA560 Amylase" Varianten und "707 Amylase" Varianten als bevorzugt offenbart (siehe Punkt 7.2.3 oben).

Diese in der Entgegenhaltung D1 genannten Amylasen Varianten fallen unter den Schutzbereich von Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 9.

18. Darüber hinaus ist die Verwendung einer "Protease aus Bacillus alkalophilus PB92" in Kombination mit einer oder zwei alpha-Amylasen in Reinigungsmitteln aus den Entgegenhaltung D1 bekannt (siehe Ansprüche 1 in Kombination mit den Ansprüchen 3 oder 4 und Absatz [0052]). Anspruch 1 aus D1 offenbart die PB92 Protease mit der SEQ ID NO: 1 aus Bacillus alkalophilus, die der SEQ ID NO: 4 aus Anspruch 1 der Hilfsanträge 6 und 7 entspricht. Anspruch 3 aus D1 der sich auf Anspruch 1 bezieht offenbart die "AA560" Amylase Variante. Anspruch 4 aus D1 der sich auch auf Anspruch 1 bezieht offenbart die "707" Amylase Variante. Nachdem sowohl die "AA560" Amylase Variante als auch die "707" Amylase Variante in der Entgegenhaltung D1 als bevorzugt offenbart sind, hätte die Fachperson diese beiden Amylasen auch bevorzugt in Kombination mit der PB92 Protease verwendet (siehe Absatz [0052]).

19. In Folge dieser Betrachtungen bezüglich der Hilfsanträge treffen die oben angeführten Gründe für eine fehlende erfinderische Tätigkeit des Reinigungsmittels von Anspruch 1 des Hauptantrags auch auf die Reinigungsmittel der Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 9 zu.

20. Die Hilfsanträge 1 bis 9 beruhen somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

Zulassung/Berücksichtigung der Entgegenhaltung D8

21. Da sich die Beschwerdeführerin in ihrem Vorbringen unter erfinderischen Tätigkeit nicht auf die Entgegenhaltung D8 berufen hat (siehe Seite 2, letzter Absatz, des Protokolls der mündlichen Verhandlung), musste eine Entscheidung über die Zulassung/Berücksichtigung dieser Entgegenhaltung im Verfahren nicht getroffen werden.

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